„…sag mal Bub, wie heißt du nochmal, wie alt bist du und welchen Beruf hast du gelernt?“

„Ich bin dein Enkel Pasi, Omi! Ich bin 31 Jahre alt und Schauspieler, Omi“ erklärte ich ihr. Das war schon das fünfte mal an diesem Tag.

Meine Oma ist krank. Schon jetzt erkennt sie mich nicht mehr. Die Demenz hat sie in nur 3 Jahren so schwer verändert, dass es sie von einer quirligen, umtriebigen und blitzgescheiten Person in eine bettlägerige verwandelt hat.
Mein Großvater litt auch an Demenz. Er ist 2017, nachdem ich für 18 Monate im Hause der beiden wohnen und mit Ihnen für eine muntere und urkomische Zeit zusammenleben durfte, verstorben.
Wir haben uns umeinander gekümmert. Sie haben mich bewirtet und ich habe ihnen zugehört. Sie boten mir Logie und ich bin mit ihnen spazieren gegangen, habe mit ihnen getanzt, gesungen und habe ihnen natürlich... vorgespielt... von meiner nächsten Rolle... oder in Vorbereitung für eine Lesung oder einfach so vorgelesen, „aus einem gescheiten Buch“ wie Oma sagen würde. Ironischer Weise wurde ihnen nie langweilig, wenn ich die gleiche Rolle mehrmals täglich von mir gab. Sie waren ein sehr dankbares Publikum!

Meine Großeltern, und dazu zählt auch meine zweite Oma, welche ihrerseits leider von einem schweren grauen Star geplagt wird, waren früher oft im Theater, doch schon in den Jahren vor ihren Erkrankungen, wurde Ihnen die Anreise, das Treppensteigen, das Anstehen an der Garderobe und auch das Finden des Sitzplatzes im Theater zu viel. Wenn sie es dann endlich geschafft hatten, waren entweder die Theatersessel zu ungemütlich oder die Bühne für ihre kurzsichtigen  Augen zu weit entfernt um die Schauspieler gescheit wahrzunehmen. Geschweige denn waren diese in der Lage laut und verständlich ihren Text von sich zu geben…
Diese vermeintlich leichten Herausforderungen überforderten meine Großeltern und isolierten sie zunehmend.

Ich dachte nach…
Ihr heimisches Wohnzimmer in eine Theaterbühne verwandeln, dies musste doch möglich sein.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass mir genau dies im Zuge der heimischen Proben bereits gelungen war.
Das tolle daran:
Ihre Emotionen, die ich unmittelbar wahrnehmen konnte während  ich nur zwei Meter entfernt auf der Wohnzimmerbühne stand und das direkte Feedback nach der privaten Vorstellung waren ein Geben und Nehmen. Nicht nur sie hatten etwas davon, sondern auch ich!

Als mich letztens eine Freundin fragte wie sich das Schauspiel auf der großen Bühne des Burgtheaters von dem Spielen vor meinen Großeltern unterscheide, wusste ich bereits eine Antwort:

In der direkten Dankbarkeit.
Das löste in mir eine Zufriedenheit aus und das Gefühl, das Richtige zu tun.

Und damit war die Idee geboren!

Den Menschen, die z.B. aufgrund gesundheitlicher Probleme an ihr Zuhause gebunden sind, das Theater nach Hause bringen.